Fähre Mersin – Port Said (7.9.-12.9.2012)

Heute sollte es los gehen nach Ägypten… Wir haben ein wenig ausgeschlafen und wollten dann in Ruhe alles packen um gegen 14:00 Uhr wie abgemacht in Mersin am Hafen zu sein. Da erhalten wir eine Nachricht von Sü, dass wir uns bereits um 11:00 bis 12:00 Uhr dort einfinden sollten. Es bleibt uns nur wenig Zeit fürs Frühstück, die Sandwichzubereitung und die Fahrt nach Mersin. In etwas mehr als einer Stunde sind wir am Hafen und finden im Zoll-Gebäude nach mehrmaligem Rumfragen auch in irgendeinem Büro einen Zettel mit unserer Autonummer. Der Zollbeamte lässt uns nach kurzer Kontrolle auf das Hafengelände und macht uns mit unserem englisch sprechenden Vermittler Gökhay bekannt. Diesem folgen wir durch ein Labyrinth von Frachtkontainern und Lastwagen auf die andere Seite des Hafens zum Abfertigungsgebäude.

Dort angekommen, heisst es erst einmal warten. Die zuständigen Beamten sind gerade beim Lunch. Wir verbringen die Zeit im Restaurant nebenan. Der Besitzer spricht sogar fliessend deutsch und spendiert uns einen çay. Nach gut zwei Stunden machen wir uns auf die Suche nach Gökhay, der irgendwie spurlos verschwunden ist. Wie sich herausstellt, eine seiner Kernkompetenzen… Wir warten nochmals gut eine halbe Stunde bis er endlich auftaucht und uns die schlechte Nachricht überbringt: the ferry is broken, no ferry today, next one goes on Monday… Wir denken zuerst, dass dies ein schlechter Scherz sei oder die Fähre überbucht sei und für uns keinen Platz hat… Gökhay vertröstet uns um ein paar Minuten und wir sollen doch nochmals für “five minutes” im Restaurant auf ihn warten. Wir trinken nochmals einen çay und fangen an, herum zu fragen. Obwohl praktisch niemand englisch spricht, wird uns auch aufgrund der hektischen Stimmung plötzlich klar, dass die Fähre tatsächlich defekt ist. Insgesamt geht es 28 Passagieren – die meisten sind Truck-Fahrer – gleich wie uns und die Vermittler kommen langsam aber sicher ins Schwitzen. Wir entscheiden uns daher, dass wir am Montag zurückkehren werden und machen uns nochmals auf die Suche nach Gökhay, der aber nirgendwo zu finden ist. Schlussendlich finden wir im chaotischen Abfertiguns-Gebäude das Büro von Alcor Shipping und regeln dort mit den nur beschränkt englisch sprechenden Angestellten, dass wir am Montag um 14.00 Uhr wieder antanzen. Wir fahren zurück zum Zoll-Gebäude beim Exit und treffen dort auf Gökhay. Wir erklären auch ihm die Lage und wollen gerade gehen, als er uns mitteilt, dass wir noch einen Stempel brauchen um wieder aus dem Hafen heraus fahren zu können. Er müsse zurück ins andere Office und komme in 20 Minuten zurück mit dem Stempel, wir sollen hier warten. Wenigstens ist dieses Gebäude klimatisiert und es verfügt sogar über saubere Toiletten. Nach 10 Minuten kommt Gökhay zurück und fragt Nägi, ob er ihn nicht kurz fahren könne, er finde sein Auto nicht… Lex rechnet optimistisch mit 20 Minuten und verbringt die Zeit mit Lesen und im (extrem langsamen) Internet surfen und nach Übernachtungsmöglichkeiten suchen. In der Zwischenzeit vergeht eine Stunde und Nägi ist immer noch im anderen Office und wartet – wie könnte es anders sein – wieder einmal seit 50 Minuten “five minutes” auf Gökhay. Eine gute Stunde später beginnt das wirkliche Prozedere. Nägi muss durch den übergrossen X-Ray (Röntgengerät) fahren. Dies ist jedoch nur erlaubt, wenn das leichte Gepäck zuvor ausgeladen wird. Nun ja, unser Fahrzeug ist eigentlich nur mit leichtem Gepäck beladen… Schlussendlich reicht es dann auch, dass die Stühle, der Tisch, eine Tasche und das Sonnensegel ausgeladen wird. Der X-Ray – zu 75% von der EU finanziert – ist ein Höllending. Mehrere futuristische Kugeln werden an farbigen Armen um das Fahrzeug herum bewegt, verschiedene lustige Zootöne erklingen aus verborgenen Lautsprechern (Affen, verschiedene Vögel und das Brüllen von wilden Tieren) und verschiedene Leuchten lassen die grosse Halle in mystischem Licht erscheinen. Ob das Ding auch wirklich Bilder des Fahrzeuginneren herstellen kann, ist allerdings nicht sicher. Der Customs Officer bezeichnet es auch als “my big funny toy”. Bilder gibt es keine. Fotografieren strengstens verboten.

Leider vergeht nochmals eine halbe Stunde bis wir dann endlich den Stempel zur Ausfahrt erhalten und es ist bereits nach 19:00 Uhr als wir den Hafen definitiv verlassen können. Wir sind müde und wollen nur noch eine Dusche und machen uns auf die Suche nach einem passenden Hotel in Mersin. Wir werden jedoch nicht richtig fündig und entschliessen uns daher die Stunde Fahrt auf uns zu nehmen und zurück zum Davut Camping zu fahren. Unterwegs treffen wir noch ein polnisches Päärchen, die ebenfalls nach einer Campingmöglichkeit suchen und geben ihnen ebenfalls die Koordinaten von Davut an. Kurz vor 22:00 Uhr treffen wir endlich dort ein und werden herzlich empfangen. Wir entschliessen uns, noch kurz ins Meer zu springen und gehen dann nur noch schlafen.

Am nächsten Tag erfahren wir von unseren polnischen Bekannten, dass sie nur 10 TL (ca. 5 EUR) mehr für ein Zimmer bezahlen, als wir für den Camping. Daher entschliessen wir uns, uns für die nächsten 2 Nächte auch den Luxus eines Zimmers mit Klimaanlage zu gönnen J. Die nächsten Tage verlaufen ereignislos. Wir waschen die schmutzigen Kleider, gehen baden, abends besuchen wir die benachbarten Städtchen, gehen ein wenig shoppen (unter anderem im Migros) und geniessen das türkische Essen in vollen Zügen.

Am Montag, 10. September sind wir wie abgemacht um 14:00 Uhr wieder am Hafen und können relativ zügig zum Abfertigungsgebäude fahren. Wir kennen uns ja schon prima auf dem Gelände aus. Unterwegs sehen wir auch bereits unsere Fähre, die Nikolay Konarev. Im Büro von Alcor Shipping trefffen wir auf Gökhay, der uns freundlich empfängt und uns verspricht, dass die Fähre heute fahren soll (“otherwise they will kill us”. Schlecht für ihn. Gut für uns J). Wir sollen uns noch ein wenig gedulden und wieder ins Restaurant gehen und dort auf ihn warten (“five minutes”). Im Restaurant treffen wir auf ein paar Holländer, die soeben mit der Fähre von Port Said angekommen sind und mit ihren Motorrädern von Südafrika in 8 Wochen nach Ägypten gereist sind. Sie müssen noch five minutes auf ihre Papiere warten, die sie eigentlich am Morgen um 8:00 Uhr erhalten hätten sollen. Sie erzählen uns von ihrer Reise und geben uns noch ein paar wertvolle Tipps. Nach gut einer Stunde treffen immer mehr bekannte Gesichter ein, die wir am Freitag schon getroffen haben und wir sind zuversichtlich, dass es heute klappen wird. Nägi macht sich auf die Suche nach Gökhay aber der scheint sich wieder einmal in Luft aufgelöst zu haben. Es geht überall hektisch zu und her und wir sprechen mit einem türkischen Lastwagenchauffeur, der ein wenig englisch spricht und für uns versucht rauszufinden, wo Gökhay steckt. Schlussendlich versuchen wir unser Glück im Büro von Alcor Shipping, die jedoch alle extrem beschäftigt sind und nicht wirklich Zeit für uns haben. Nach langem Warten kommt endlich Gökhay und er verweist uns wieder ins Büro, wo endlich mal jemand anfängt, unsere Dokumente zu prüfen und Kopien zu machen. Es ist mitlerweile bereits nach 17.00 Uhr und wir werden langsam nervös, da die meisten unserer Mitreisenden verschwunden sind und wir unbedingt auf diese Fähre wollen. Aber langsam geht es vorwärts, Nägi begleitet Gökhay ins “Zollbüro” und Lex bezahlt die Tickets. Naja, wir erhalten nur eine detaillierte Quittung, dies genüge… Die Pässe müssen wir da lassen, die erhalten wir erst an Bord zurück. Hoffentlich ist dem dann auch so… Gegen 18.00 Uhr fahren wir dann endlich zur Fähre um unser Fahrzeug zu laden. Dort angekommen, erwartet uns eine riesige Schlange an Lastwagen und Lex macht sich auf die Suche nach einem bekannten Gesicht und trifft wieder auf den freundlichen, türkischen Lastwagenchauffeur, der vorhin auch im Restaurant war. Er empfiehlt uns, mit unserem Landi ganz vorne bei der Schlange an der Seite zu parkieren und dort einfach zu warten J Es vergeht wieder eine Stunde und wir können einen wunderschönen Sonnenuntergang beobachten und Nägi freundet sich mit dem Security Personal an. Alle reden zwar nur türkisch, aber mit Händen und Füssen und Nägis grossem Türkisch-Wortschatz unterhalten sie sich erstaunlich lange. Mitlerweile sind auch alle anderen Passagiere da, hauptsächlich türkische oder syrische Lastwagen-Chauffeure, die meisten etwas übergewichtig und rauchend J Es fehlt nur noch die Crew und unsere Agents von Alcor Shipping, die das Laden des Schiffes überwachen sollten. Gegen 19.00 Uhr ist es dann endlich soweit. Einer nach dem anderen kann vor die Rampe fahren, jedes Fahrzeug wird mehr oder minder gründlich durchsucht. Der Ablauf ist unglaublich ineffizient. Mehr als ein Dutzend Crew-Mitglieder, Zollbeamte und Agenten der Abwicklungsgesellschaft stehen rauchend, plaudern und scherzend herum. Und ein Einweiser und ein Zollbeamter arbeiten. Manchmal. Meistens rauchen sie mit den anderen. Wir sind nach den Trucks an der Reihe und beobachten das Prozedere zwar müde aber amüsiert. Endlich dürfen wir unseren “Minicar” in den riesigen Innenraum des Schiffes fahren und parkieren.

Wir packen unser Zeugs zusammen und begeben uns zwei Stöcke nach oben, wo uns die ukrainische Hausdame der Nikolay Konarev unsere Kabine zeigt und uns Bettwäsche und Badetücher aushändigt. Wir beziehen unsere Kabine mit einem Kajütenbett, einem kleinen Tisch, Schrank und sogar eigenem Bad mit WC/Dusche. Leider ohne Klimaanlage. Dafür steht direkt vor unserer Kabinentür ein extra grosses Modell, welche den Gang problemlos auf 12 Grad herunterkühlt. Die Kabinentür bleibt daher offen um etwas kalte Luft zu erhalten. Das Fenster können wir nämlich auch nicht öffnen, weil direkt davor die Abluftanlage der Klimaanlage steht…

Einen Stock tiefer liegt das heimelige Restaurant mit schönen Plüschsesseln und geschmackvollen Vorhängen aus den 70ern, wo wir noch einen kalten Snack und Tee bekommen. Danach genehmigen wir uns eine Dusche und überprüfen mal die Bequemlichkeit der Betten. Es ist bereits nach Mitternacht und wir haben den Hafen nach wie vor nicht verlassen. Trotz der stickigen Hitze in der Kajüte werden wir langsam müde und schlafen ein… Lex kontrolliert dann stündlich, ob der Kapitän endlich ablegen lässt. Dieser lässt sich aber auch durch ihr seemännisches Zetter und Mordio nicht drängen und so wird es 07:00 Uhr, bis wir duch eine Durchsage über die baldige Abfahrt erwachen (auf ukrainisch – kann Nägi aber auch J). Und tatsächlich; die Fähre setzt sich endlich in Bewegung! Beruhigt nicken wir nochmals ein. Nach einer Dusche wollen wir frühstücken und stellen aber bald fest, dass wir das Frühstück verpasst haben. Dieses wird nur von 08.00 bis 09.00 Uhr serviert. Also wollen wir einfach eine Tasse Tee trinken (Tassen sind mit Zimmernummern versehen und immer vom Zimmer mitzubringen) und dann halt das Mittagessen abwarten. Ein freundlicher Mitarbeiter der Crew (die ganze Crew ist übrigens ukrainisch) bietet uns jedoch an noch Frühstück zu servieren. Er bringt uns zwei Teller mit je einer riesigen Portion Schafskäse, Oliven, Tomaten und je 2 gekochten Eiern (das perfekte Frühstück für Claudi und Lisa J) und frisches Brot dazu. Wir bedanken uns und essen so viel wie möglich. Danach heisst es, Zeit vertreiben mit Lesen, Blog schreiben, Reiseführer studieren… Auf unserem Garmin sehen wir, dass das Schiff mit ca. 25 km/h unterwegs ist. Viel zu sehen gibt es nicht. Auf dem Deck hat es keine Sitzmöglichkeiten, aber eine Menge Russ und daher verbringen wir die meiste Zeit in der Kabine mit offener Türe zum wunderbar kühlen Gang… Das Mittagessen wird ab 13:00 Uhr und das Abendessen ab 20:00 Uhr serviert. Das Essen ist ganz ok. Es gibt jeweils eine Suppe und danach ein gefülltes Tablett mit kleinen Mulden, welche Salat und Hauptgang enthalten. Kennt man aus Gefängnisszenen aus Funk und Fernsehen… Dazu einfach heissen Tee oder Wasser…

In gut 36 Stunden sollten wir in Port Said ankommen. Hoffentlich gibt es dort unsere Pässe zurück… Ausserdem sollte uns der ägyptische Vermittler erwarten, der uns durch den Papierkrieg für die Einreise nach Ägypten helfen soll.