Sudan (25. September – 3. Oktober 2012)
Nachdem uns Magdi ins Cangan Hotel etwas ausserhalb des Städtchens gebracht hat, gönnen wir uns zuerst eine Dusche und ein sudanesisches Essen im Hotelrestaurant. Wobei man sich unter Hotelrestaurant vielleicht etwas luxuriöseres vorstellt, als die offene Baracke im Hinterhof des Hotels mit zwei Kühlschschränken, einer kleinen Theke, den zwei Gaskochern und ein paar Plastiktischen. Wir sind die einzigen Gäste und wir können einfach in die Töpfe schauen und sagen, was wir gern möchten. Es gibt je einen Teller Kartoffel- und einen Bohnen- & Gemüseeintopf mit Fleisch (welches wir allerdings nicht gefunden haben…). Dazu frisches Fladenbrot und eine eisgekühlte Cola. Den Nachmittag verbringen wir im klimatisierten Zimmer, es ist einfach zu heiss draussen. Als es etwas abkühlt, spazieren wir gegen Abend in das kleine Städtchen Wadi Halfa, welches hauptsächlich aus einfachen, einstöckigen Lehmhütten besteht. Wir kaufen eine sudanesische SIM-Karte (inkl. unlimited GPRS Internet für 10 SDG = CHF 1.80! Swisscom, nimm dir daran ein Beispiel) und setzen uns in ein kleines Café am Rande des Ortes. Das Städtchen ist enorm lebendig. Nicht nur die vielen Reisenden von den Fähren, auch die Arbeiter der nahegelegenen Goldminen vetreiben sich den Abend bei Tee, Kaffee, Säften vor dem Gesellschafts-Fernseher, über den jedes angesagte Lokal verfügt. Wir lernen noch ein paar Sudanesen kennen, welche uns zum Shai einladen. Allgemein sind die Sudanesen enorm herzlich und gastfreundlich. Irgendwann geht es dann im Tuk Tuk zurück ins Hotel.
Heute schlafen wir aus, da wir nicht damit rechnen, dass unser Landy schon ankommt. Per Tuk Tuk fahren wir wieder ins Städtchen und finden dort ein kleines Restaurant, wo es ziemlich viele Leute drin hat. Die Besitzerin, Sharia, begrüsst uns auf englisch und bringt uns gleich einen Shai. Wir beobachten das Treiben um uns herum und nachdem alle zu essen beginnen, werden wir bald hungrig. Sharia kocht uns in ihrer offenen Küche ein ausgezeichnetes weisses Bohnenmuss mit etwas Zimt und kleine Fleischstückchen. Dazu gibt es rohe Zwiebeln, grüne Chilli, Limetten und natürlich frisches Fladenbrot. Aus dem Nachbarladen gibt es noch eine Cola und ein Wasser. Wir bezahlen und bedanken uns herzlich und machen uns zu Fuss auf den Weg ins Hotel. Dabei kommen wir an verschiedenen kleinen Läden vorbei, die von Autobatterien über Handys, Milch, Waschmittel bis zu Zuber alles anbieten, was im täglichen sudanesischen Leben so benötigt wird. Bei Mohammed kaufen wir dann noch eine Teekanne für unterwegs.
Den heissen Nachmittag verbringen wir wiederum im kühlen Zimmer mit Lesen, Blog schreiben und Musik hören. Magdi bringt uns gegen Abend noch die Pässe vorbei und meint, dass die Fähre wahrscheinlich morgen ankommen werde. Am Abend gibts im Hotelrestaurant gebratenes Fleisch, Bohnenmuss und frische Gurken.
Guten Mutes stehen wir ziemlich früh auf, packen unsere Sachen zusammen und warten gespannt auf Magdi’s Anruf. Zuverlässig wie er ist, ruft er uns um 10:00 Uhr an und teilt uns aber mit, dass die Fähre noch nicht da ist, sie sollte aber am Nachmittag kommen. Er gehe zum Hafen und rufe uns an, sobald er mehr wisse. Am frühen Nachmittag gehen wir in die Stadt und essen wieder bei Sharia. Diesmal gibt es Linsenmuss, Fleisch und Fladenbrot, dazu die obligatorischen rohen Zwiebeln, grünen Chillis und Limetten. Bald erfahren wir, dass es mit der Fähre heute wohl nichts mehr wird. Ab 16:00 Uhr arbeitet der Zoll nicht mehr und da morgen Freitag ist, wird auch da nichts gescheden. Etwas enttäuscht über diese News gehen wir zurück ins Hotel. Wadi Halfa ist zwar herzig, aber den steppenden Bären haben wir bis anhin nicht gefunden…
Jetzt heisst es Wäsche waschen um die Zeit zu vertreiben. Am Abend fahren wir mit dem Tuk Tuk nochmals ins “Zentrum”. Es gibt eigentlich nur eine Hauptstrasse mit ein paar Cafes und Shops, aber da ist wenigstens immer etwas los. Wir trinken einen Saft und essen “half a pound” Süssigkeiten, die den Namen auch wirklich verdient haben. Nägi schätzt, dass für unsere Portion mindestens ein Kilo Zucker verarbeitet worden ist…
Da heute Freitag und somit auch ein freier Tag im Sudan ist (jetzt wissen wir endlich, wieso der so heisst…), verbringen wir den grössten Teil des Tages im klimatisierten Zimmer mit Lesen, im Internet surfen (mit viel Geduld, da brutal langsam), weiterer Wäsche waschen, Tagebuch schreiben… Es gibt immer wieder Stromausfälle und innert kürzester Zeit steigt die Temperatur im Zimmer auf das Aussenniveau von über 40 Grad an. Zum Glück dauern die Ausfälle nie besonders lang. Am Nachmittag besuchen wir unsere Stammbeiz für einen Shai und Sharia organsiert Lex sogar noch einen Gingertee, der bei Magenproblem besser als jedes Rennie aufräumen soll. Am Abend essen wir nochmals im Hotelrestaurant.
Wie versprochen, holt uns Magdi um 8:30 Uhr im Hotel ab. Im Pick-up des Hotels fahren wir zum Hafen, Lex vorne und Nägi hinten drauf. Dort kommen wir ohne Probleme ins Gelände und finden bald die Fähre am Steg. Leider ist sie noch voll beladen und niemand da, der sie ablädt. Magdi rät uns daher, in die kühle Wartehalle zu gehen und dort erst mal zu frühstücken. Es vergehen ein paar Stunden und endlich tut sich was bei der Fähre. Die Schlepper haben begonnen, die unglaublich schweren Kisten (Riesenklimaanlagen, Kühlschränke, Kisten mit Kleidern oder Werkzeug) auf kleine Lastwagen zu transportieren und unser Landy ist schon fast frei geräumt.
Leider die Rampen noch nicht, die wir für die Abfahrt brauchen. Nach gut einer Stunde kommt Magdi und nach einem kleinen Zustupf in die Kafikasse tut sich endlich was. Mit Nägi’s tatkräftiger Unterstützung werden die Rampen gesucht, frei geräumt und platziert. Nach gut einer halben Stunde kann Nägi endlich die steilen Rampen herunterfahren. Ein etwas gewagtes Manöver, welches aber problemlos gelingt. Jetzt müssen wir nur nochmals kurz (2 Stunden) beim Customs Office vorbei. Ein netter Beamter inspiziert unser Fahrzeug und heisst uns herzlich im Sudan willkommen. Danach können wir endlich losfahren. Wir bedanken und verabschieden uns bei Magdi und fahren zum Gate, wo wir aber bereits wieder gestoppt werden… Fahrzeugkontrolle! Wir warten wieder einmal. Der Beamte, welcher uns freie Fahrt gewähren kann, muss zuerst noch vom anderen Office herkommen. Zu Fuss. Nach einer halben Stunde ist auch das erledigt und wir fahren nach einem kurzen Zwischenstopp im Hotel los in Richtung Dongola. Nach einem Tankstopp geht es zuerst durch eine relativ öde Wüstengegend. Danach verläuft die Strasse entlang dem Nil und die Landschaft wird wieder grün und fruchtbar. Bis Dongola sind es gut 360 km und es wird bereits dunkel als wir den Ortseingang passieren. Dabei wollen wir noch weiter nach Karima. Die Schilder in arabisch, unser GPS, welches so zuverlässig ist wie die Karten in unserem 5 Jahre alten Reiseführer und die Dunkelheit machen die Navigation nicht einfach. Wir machen es uns einfach und fragen einen Sudanesen, welcher am Strassenrand angehalten hat, wo es denn nach Karima gehe. Wir haben Glück, er hat dasselbe Ziel und wir können ihm die nächsten 180 Kilometer folgen. Der gesamte Weg führt durch die Wüste und obwohl es in der Zwischenzeit stockdunkel ist, hält die unglaubliche Hitze an. Wir fahren mit geschlossenen Fenstern. Draussen herrschen gut und gern 50 Grad… Eltayeb, unser Helfer in Not, bringt uns sogar bis zum Nubian Restcamp, wo wir heute übernachten wollen. Als Dank laden wir ihn zum Tee ein. Wir fahren mit ihm in seinem auf gut 22 Grad runter gekühltem Auto ins Zentrum von Karima. Er zeigt uns zuerst einen Supermarket und danach trinken wir bei einer Shailady (die überall in den Städten ihre Stände haben) einen gesüssten Tee. Eltayeb bringt uns wieder zurück ins Camp und gibt uns noch seine Nummer. Wenn wir Probleme haben, können wir ihn jederzeit anrufen. Wir freuen uns auf ein modernes, grosses Zimmer, eine Dusche und Lex sich natürlich auch speziell über die saubere, europäische WC-Schüssel. Dies nach der Stehtoilette der letzten Tage.
Um 9:00 Uhr gibt es ein ausgiebiges Frühstück mit frischer Grapefruit, Omelette, Müsli, Brot und Mangosaft. Danach fahren wir zum nahe gelegenen Jabal Berkel (holly mountain & pyramides). Die sind zwar nicht so gross wie die Pyramiden von Giseh, aber wir sind die einzigen Besucher.
Danach geht es weiter durch die Wüste nach Atbara und noch weiter – immer noch durch die Wüste – zu den Pyramiden von Meroe.
Es ist schon wieder brütend heiss und daher halten wir unseren Besuch relativ kurz. Nägi lässt sich jedoch noch vom einzigen Souvenirverkäufer einen handgeschnitzten Dolch aufschwatzen.
Wir wollen heute noch nach Khartoum, damit wir dort wiedereinmal zwei Nächte am Stück verbringen können. Auf der Strasse hat es unglaublich viele und unglaublich lange Lastwagen und dazu immer wieder Schlaglöcher. Es wird wieder einmal dunkel, bevor wir das Ziel erreicht haben. Der Verkehr wird immer chaotischer je näher wir Khartoum kommen. Da es nach wie vor enorm heiss ist und das Schlafen im Auto so zur Qual wird, wollen wir ein Hotel nehmen. Wir steuern das erste auf unserem Navi an. Wie sich herausstellt, ein wunderbares 5-Sterne Haus… Nun ja, wir sind beide ziemlich erledigt von der Fahrt und der Zimmerpreis ist auch nicht übermässig. Wir gönnen uns zwei Nächte im Coral und als wir das Zimmer sehen, wollen wir am liebsten gleich ins Bett hüpfen. Da wir aber fast am Verhungern sind, gönnen wir uns zuerst noch ein Menü vom internationalem Buffet im Hotelrestaurant.
Wir schlafen aus und gehen kurz vor Buffetschluss im Restaurant frühstücken. Mit dem Auto geht es dann ins Zentrum und wir machen dort einen kleinen Spaziergang. Viel gibt es hier aber nicht zu sehen und wir fahren daher bald los durch die halbe Stadt in den Stadtteil Omdurman, wo der grösste Markt des Sudans zu finden ist. Hier gefällt es uns viel besser. Die Strassen werden immer lebendiger und kurz vor dem Markt kommen wir mit dem Auto fast nicht mehr weiter. Wir parkieren ausserhalb der Markthallen und sind sofort die Attraktion des Tages. Ein Marktverkäufer hat seine Sachen extra weggenommen, damit wir genug Platz zum Parkieren haben und dealt nun mit Nägi aus, dass er seine Sachen auf unserem Landy platzieren darf, während wir weg sind.
Die Leute drängen sich um uns und alle begrüssen uns freundlich. Wir schlendern durch die Markthalle und werden von allen Verkäufern eingeladen ihre Stoffe zu bewundern. Als sie unsere Kamera sehen, wollen sie ein Foto machen und bald ist unsere Kamera die Attraktion des Marktes. Alle wollen vor der Kamera posieren und Nägi wird zum Starfotograph.
Viele sprechen uns an und wollen wissen, woher wir kommen, wie wir heissen, was wir im Sudan tun. Sie sind aber nie aufdringlich und trotz des Rummels um uns fühlen wir uns puddelwohl. Nach dem Spaziergang durch die riesigen Markthallen trinken wir in einem kleinen Café einen frischen Mangosaft. Wir schlendern langsam zurück zum Auto und fahren mit kleinen Zwischenstopps zurück ins Hotel. Am Abend bestellen wir uns Essen aufs Zimmer und schauen seit langem wieder einmal einen Film im TV.
Zur Feier des Tages bestellen wir das Frühstück aufs Zimmer. Wir wollten früher aufstehen, aber werden erst durchs Klopfen an der Türe geweckt. Dafür gibt es frische Früchte, Brötchen und Butter, frischen Fruchtsaft und Tee auf weissem Tablett serviert. Wir lassen uns Zeit mit Frühstücken und Packen und fahren erst kurz vor Mittag von Khartoum los in Richtung Süden. Anfangs geht es noch durch viele kleine Dörfer mit unglaublich viel Verkehr. Wir kommen nur langsam vorwärts. Nach Wad Medani wird nicht nur der Verkehr viel ruhiger, auch die Landschaft wird immer grüner und fruchtbarer.
Hier wird viel Ackerbau betrieben und wir fahren immer wieder an riesigen Schaf- oder Ziegenherden vorbei. Gedareff selbst ist dann eher ein schmutziges, chaotisches Städtchen, das wir rasch hinter uns lassen. Wir wollen noch etwas weiter fahren und dann irgendwo an einem ruhigen Ort wild campieren. Einfacher gesagt als getan. Es hat überall Menschen unterwegs und durch kurze Regenschauer wurde die Erde aufgeweicht. Beim ersten Versuch einen Schlafplatz zu finden, bleiben wir fast im Schlamm stecken. Wir fahren noch etwas weiter, müssen uns aber sputen, weil es bereits wieder am Eindunkeln ist. Schlussendlich finden wir einen einsamen Feldweg, dem wir einige Hundert Meter folgen und dann direkt daneben unser Nachtlager aufbauen. Wir machen noch einen Bohnensalat, verdrücken den aber in Rekordzeit, weil einfach zu viele Insekten herumschwirren. Wir verziehen uns ins Bett und lesen noch ein wenig. Morgen wollen wir früh aufstehen, damit wir genügend Zeit für den Grenzübertritt nach Äthiopien haben.