Kenya 1. Teil (10.- 16. Oktober 2012)
Wir frühstücken im Hotel und fahren danach gut 200 Kilometer auf teils geteerter, aber grösstenteils miserabler Strasse zur Grenze. Wir fragen uns, wie wohl die Strasse in Kenya wird, wenn dieser Abschnitt in unserem Reiseführer als himmlischer Highway im Vergleich zum kenyanischen Teil bezeichnet wird. An der Grenze füllen wir noch mit unseren letzten äthiopischen Birr den Tank. Im Gegensatz zu anderen Grenzen ist hier das Immigration und das Custom Office beschriftet und beide sind in relativ kleiner Distanz gleich vis-à-vis von einander problemlos zu finden. Die Ausreise geht schnell voran und schon können wir nach Kenya fahren. Der Wechsel von Rechts- auf Linksverkehr ist ebenfalls unspektakulär. Bei der Ausreise von Äthiopien in die neutrale Zone steht noch ein Schild mit “Keep Right”. Am Ende des staubigen Streifens bei der Einfahrt in den kenyianischen Zollbereich gibts dann halt das gleiche Schild mit “Keep Left”. Dort werden wir freundlich empfangen, wir erhalten das Visa ohne Probleme und den Stempel fürs Carnet gibt es auch gleich dazu. Das ging aber flott. In Moyale kauft sich Nägi noch eine kenyanische SIM-Karte. Da es erst kurz nach Mittag ist, wollen wir noch weiter nach Marsabit, auch wenn die Strasse anscheinend die schlimmste Strasse Afrikas sei. Über mühsame Wellblechpisten geht es holprig, aber dank Nägis gekonntem Fahrweise doch einigermassen zügig voran. Mitten auf der Strasse überraschen uns immer wieder gemeine, metertiefe Löcher und Spurrinnen.
Wir fahren durch ein paar kleine Dörfer und sind schon bald in der Wüste. Dort geht es auf teils sehr staubigen Pisten weiter. Obwohl es heiss ist, müssen wir teilweise mit komplett geschlossenen Fenstern fahren um wenigsten die schlimmsten Staubfahnen draussen zu halten. Der feine Staub dringt aber auch so durch kleinste Ritzen in den Innenraum und Lex kann ihren Putzfimmel nur schwerlich unter Kontrolle halten.
Es wird eine neue Strasse gebaut und das Provisorium scheint besser zu sein als die alte Strasse. Wir schaffen es kurz vor Sonnenuntergang in gut 4 ½ Stunden nach Marsabit und fahren dort zu Henry’s Camp. Dieser Campingplatz wird von Heiri, einem Schweizer betrieben, der seit über 30 Jahren in Kenya lebt. Er führt neben dem Camping noch ein Baugeschäft und eine kleine Möbelfabrik. Der ehemalige Entwicklungshelfer beschäftigt über 30 Personen und gehört damit in der Region Marsabit wahrscheinlich zu einem der grössten Arbeitgeber. Wir sind endlich mal nicht die einzigen Gäste auf dem Camping und treffen dort auf Heinrich und Marietjie aus Südafrika. Nach einer relativ langen Autoinnenreinigung, um den Landy vom feinen Staub zu befreien und einer herrlichen Dusche im herzigen Duschhäuschen mit heissem Wasser setzen wir uns zu Heinrich und Marietjie ums Feuer und trinken einen wohlverdienten Sundowner. Sie laden uns spontan zum Abendessen ein. Es gibt natürlich Braai und wir lassen den Abend gemütlich beim Feuer ausklingen.
Da wir nun einen Tag zu früh in Marsabit angekommen sind, beschliessen wir gleich zwei Nächte auf Henry’s Camping zu verbringen. Wir schlafen aus und frühstücken gemütlich. Am Morgen stellt Nägi fest, dass wir eine “slow puncture” im hinteren rechten Pneu haben. Ein kleines Loch, welches den Pneu langsam Luft verlieren lässt. Beim Aufpumpen löst sich die Sicherung des im Landy eingebauten Kompressors in Rauch auf. Zum Glück haben wir einen Ersatz dabei. Lex wäscht unterdessen wiedermal Wäsche und nachdem alles zum Trocknen aufgehängt ist, gehen wir ins Städtchen einkaufen. Wir wollen uns heute Abend revanchieren und für Heinrich und Marietjie kochen. Marsabit ist ein ziemlich verschlafenes Kaff, aber mit schönen Marktständen, die Einheimischen sind farbig traditionell gekleidet und wir finden schlussendlich alles, was wir brauchen. Nägi sogar zwei neue Sicherungen.
Zurück auf dem Camping, geniessen wir das süsse Nichtstun. Wir lesen und schreiben ein bisschen Blog. Am Nachmittag kommen Heinrich und Marietjie aus dem Marsabit Nationalpark zurück. Sie sind extrem enttäuscht, dass sie ausser Kühen und ein paar Vögeln nichts gesehen haben. Gegen Abend wird der Camping richtig voll, nachdem noch drei zusätzliche Overlander ankommen. Ein englisch-südafrikanisches Päärchen und sechs Amerikaner, die seit Wadi Halfa gemeinsam reisen. Sie haben für die Strecke Moyale-Marsabit mehr als zwölf Stunden gebraucht, da zwei der Fahrzeuge total vier kaputte Stossdämpfer haben. Sie gehen ins Städtchen essen und wir grillieren unsere Pouletschenkel und kochen Gschwends Polenta und Tomatensalat dazu. Wir geniessen den Abend wiederum mit den beiden Südafrikanern ums Feuer. Nachts beginnt es heftig zu regnen und zu blitzen. Wir sind das erste Mal extrem froh, dass unser Dachzelt nicht aus Stoff ist. Die Stühle und auch die noch hängende Wäsche wird aber ziemlich nass…
Wir stehen früh auf und es hat gerade aufgehört zu regnen. Wir putzen die Stühle, räumen alles zusammen und fahren ohne zu frühstücken los. Bald befinden wir uns auf einer holprigen und teils sehr matschigen Strasse. Wir kommen nur mässig schnell vorwärts und die Strasse ist zum Teil sehr rutschig. Die Spurrillen, die unebene Fahrbahn und Nägis etwas optimistischer Fahrstil machen die Fahrt dann zur kompletten Schlittelpartie. Eine Kuh entgeht nur knapp einem weiteren Leben als Landy-Kühlerfigur… Wir nehmen es etwas gemütlicher von da an, die Strasse ist wirklich fürchterlich. Wir fahren immer wieder an steckengebliebenen Lastwagen vorbei und müssen schauen, dass uns nicht dasselbe Übel ereilt. Aber Nägi und die erstmals wirklich sinnvollen Bridgestone Mud-Terrain Reifen meistern die heiklen Stellen mit Bravour. Wir haben auf Youtube einen Video gefunden, welcher die Strassenverhältnisse relativ gut zeigt:
Nach gut 120 km beginnt endlich die Teerstrasse. Dieser Moment! Diese Ruhe! Wunderbar! Mussten wir fotographisch festhalten.
Es sind noch gut 100 km bis nach Archers Post und wir kommen zügig voran und langsam schaut auch die Sonne wieder hinter den Wolken hervor. Auf Schotterstrasse geht es weiter zum Gate des Shaba Nationalparks. Dort müssen wir uns registrieren. Ein Ranger des Nationalparks möchte mit uns mitfahren und steigt hinten ein, nachdem er noch sein Sturmgewehr am Gate abgeholt hat. Wir fahren die gut 27 km zum Joy’s Camp und werden dort von der Lodge Managerin Francine herzlich begrüsst. Das Camp ist wunderschön und an einer zauberhaften Lage. Es gibt Lunch und dabei können wir ein paar Büffeln vor der Lodge beim Grasen zusehen. Danach beziehen wir unser geräumiges Zelt mit allem möglichen Luxus, den wir bis anhin manchmal vermisst haben J. Wir geniessen die freie Zeit bis zum Game Drive auf der Veranda. Um 16:00 Uhr gibt es bereits wieder Tee und dann gehts auf unsere erste Pirschfahrt in Ostafrika. Die Landschaft ist bezaubernd und wir sehen einige Tiere, die wir bis anhin noch nie gesehen haben, wie zum Beispiel das Gravy Zebra, die Generuk und Topi Antilope, die Ground Gazellen und die Somali Straussen. George, unser Guide, bringt uns zu einem aussergewöhnlichen Ort auf einem Hügel, von wo aus wir eine 360 Grad Sicht auf den ganzen Nationalpark geniessen und einen Sundowner zu uns nehmen. Im Camp essen wir mit George und Francine zu Abend.
Um 6:00 Uhr werden wir mit Tee geweckt und eine halbe Stunde später sitzen wir bereits wieder auf dem offenen Safarifahrzeug. Wir fahren gut 20km und machen von dort aus einen wunderschönen Buschwalk einer Quelle entlang, auf welchem wir viele verschiedene Vögel und Antilopen sehen.
Danach gibt es Frühstück im Busch gleich bei der Quelle, wo es wunderbar grün ist. Zurück im Camp geniessen wir die wunderschöne Terasse unseres Zimmers und liegen nach dem Mittagessen ein wenig an den Pool. Wir sind heute die einzigen Gäste und haben die Lodge für uns. Am Abend machen wir nochmals einen Game Drive, auf dem wir als besonderes Highlight erleben, wie die Red-billed Queleas ihr Nachtlager aufsuchen. Zu Tausenden und Abertausenden fliegen die Vögel in riesigen Schwärmen über uns hinweg, der Abendhimmel ist schwarz gefärbt und die Luft vibriert richtiggehend von den Flügelschlägen. Die Bäume sind komplett vollgepackt und ein unglaubliches Gezwitscher erfüllt den Nachthimmel. Ein äusserst beeindruckendes Schauspiel! Nach dem obligaten Sundowner Stopp geniessen wir ein ausgezeichnetes Abendessen in der Gesellschaft von George, Francine und William, dem Mann von Francine.
Nägi steht bereits um 7:00 Uhr auf, weil ihm William helfen will das Loch im Pneu zu finden und zu flicken. Das Loch ist im Wasserbad schnell gefunden, ein Nagel als Übeltäter identifiziert und entfernt und das Loch mit etwas Mühe – wir wundern uns etwas, dass der Nagel den Pneu geschafft hat – mit einem Pfropfen verschlossen. Lex schläft derzeit friedlich aus. Nach einer Dusche gibt es Frühstück im Camp. Wir checken aus und verabschieden uns vom herzlichen Personal und Management. Wieder geht es die 27km Schotterpiste bis zum Gate zurück und dann auf guter Teerstrasse weiter Richtung Nairobi. Es hat viele langsame Lastwagen unterwegs und wir sehen ein paar gewagte Überholmanöver, die jeden Rumänen neidisch gemacht hätten. Es regnet immer wieder. Auch, als wir den Äquator überqueren.
Wir stoppen bei Barney’s auf dem Flugplatz für einen kurzen Lunch und es gibt Burger und Sandwiches. Um uns herum sitzen fast nur Weisse und einige sind sogar mit dem eigenen Flugzeug angereist. Kurz vor Nairobi beginnt unsere erste afrikanische Autobahn. Wir müssen trotzdem vorsichtig fahren, denn auch hier gibt es Fussgängerstreifen und Speed-Bumps. Es hat jedoch relativ wenig Verkehr und daher sind wir bald in unserem Hotel. Es regnet nun in Strömen, daher geniessen wir das Abendessen im Zimmer und schauen wiedermal die News auf CNN. Scheint, als hätten wir nicht viel verpasst…
Am nächsten Morgen hat es aufgehört zu regnen, die Luft ist aber deutlich kühler. Wir gehen frühstücken und checken aus. Durch ein Villenviertel fahren wir aus Nairobi heraus in Richtung Masai Mara. Bis nach Narok kommen wir zügig voran auf guter Teerstrasse. Bald danach kommt jedoch der Abzweiger zum Olololo Gate und das Spektakel beginnt. Die Strasse ist mehr ein halb ausgetrocknetes Flussbett als eine Schotterpiste. Wir können oft nur Schritttempo fahren und müssen immer wieder riesige Wasserflächen durchqueren. Wir fragen uns, wie diese Strasse wohl in der Regenzeit aussieht.
Wir schaffen es kurz vor 15:00 Uhr ins Kilima Camp, das wunderschön auf einer Hügelkette mit traumhafter Sicht auf die Masai Mara gelegen ist.
Dort werden wir freundlich empfangen und bekommen sogar noch ein verspätetes Mittagessen. Danach können wir gleich mit auf den Nachmittags-Game Drive. Wir fahren in die Masai Mara und es beginnt bald zu regnen. Unterwegs treffen wir auf Zebras, Giraffen, Büffel, Elefanten, Antilopen, Tausende von Gnus und sogar auf eine Löwenfamilie. Der Regen verwandelt die Strassen in eine schlammige Piste und wir müssen schauen, dass wir nicht stecken bleiben. Zurück im Camp finden wir unser Deluxe Zelt vor. Riesig und mit heisser Dusche, die uns wieder aufwärmt. Danach gibt ein feines 3-Gang Menü und im Bett warten warme Bettflaschen auf Lex J.
Heute unternehmen wir eine Ganztagespirsch in die Masai Mara. Kurz nach 8:00 Uhr und einem ausgiebigen Frühstück geht es im offenen Landrover los. Die Sonne scheint wieder und es ist angenehm warm. Am Morgen sehen wir wiederum Elefanten, Büffel, Zebras, Giraffen, Warzenschweine, Ground Hornbills, ein Löwenmännchen in der Sonne sowie eine Rudel Löwenjungen und deren Mutter. Wir befinden uns immer wieder in riesigen Gnu-Herden. Kurz vor dem Mittagessen entdecken wir noch eine Hyäne.
Mittagessen gibt es direkt am Mara Fluss und wir beobachten dabei eine Herde Gnus, die den Fluss queren wollen. Besonders entscheidungsfreudig sind sie jedoch nicht. Ist auch verständlich. Die vielen Geier, die Krokodile und die toten Gnus im Fluss, welche frühere Querungen nicht geschafft haben, sprechen eine deutliche Sprache. Nach gut zwei Stunden traut sich das erste Gnu dann endlich ins Wasser und es folgen Hunderte. Ein einmaliges Spektakel. Wir halten die Luft an, aber es schaffen es alle Tiere über den Fluss. Nur wenigen fehlt der Mut und sie bleiben heute definitiv noch auf der anderen Seite mit dem langsam knapp werdenenden Gras.
Danach sehen wir die riesige Herde wieder auf einer weiten Ebene. Offensichtlich sind nicht alle ganz heil angekommen. So entdecken wir ein Gnu mit einem gebrochenen Bein. Ziemlich sicher bald Löwenfutter… Wir entschliessen uns, den Park zu verlassen und es beginnt nun auch wieder zu regnen. Im Camp haben wir noch etwas Zeit zum relaxen und gehen dann wieder Abendessen.
Nach dem Frühstück schauen wir uns noch kurz das Camp an. Danach geht es Richtung tansanische Grenze. Zuerst auf holpriger und steiler, danach auf ziemlich matschiger Strasse. Unterwegs treffen wir auf einen, der im Schlamm stecken geblieben ist. Und er ist ziemlich froh, als ihm Nägi anbietet, ihn rauszuziehen.
Weiter geht es auf Schotterpiste durch grüne Landschaft und viele Dörfer. Und Lex ist wieder nur einseitig einsetzbar. Die andere Seite winkt… Bald sind wir auf der Teerstrasse und nun auch schon an der Grenze zu Tansania.
Hier gibts noch mehr Bilder.